BILDSTO:RUNG exposé
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Im Schaffen des Künstlers, der sich eher als „visual artist“ denn als
sortenreiner Fotograf versteht, stellt das Werk „BILDSTO:RUNG“ einen
wichtigen Schritt dar. Entstanden ist es im August 2007 und möglich
geworden durch einen plötzlich auftretenden und in seinen Auswirkungen
nicht vorhersagbaren Defekt der als visuelles Notizbuch genutzten
Kompakt-DSC. Bei den Ergebnissen handelt es sich also
nicht um das Ergebnis eines
intendierten Bildverarbeitungsprozesses, sondern um das (scheinbar)
zufällige Ergebnis einer gestörten Kette der Informationsverarbeitung –
irgendwo zwischen dem „Objektiv“ der Kamera und der Aufzeichnung auf dem
Speicherchip. Insofern erscheint
die Kamera plötzlich nicht mehr als ein „Objektiv“-es, sondern
als ein
„Subjekt“-tives Glied im künstlerischen Prozess – sie hat „ihren
eigenen (Quer-)Kopf.“
(Ein Mosaikstein der u. a. thematisierten „Illusionen.“)
Intendiert bleibt der Prozess des Festlegens der
Realitätsaus-/anschnitte mit der Kamera bezüglich vieler Parameter – das
(un-)bewusste Kristallisieren des entscheidenden Augenblicks, der die
Kamera zu einer Verlängerung des Zeigefingers und eben nicht des Auges
werden lässt: „DA.DA.DA.“ Der als Fingerzeig verstandene Appell: „Sieh
nur, DA DRAUßEN.“ wäre zu kurz gegriffen. Der Verweis auf das
Konstruieren und auf das Innenleben selbst wird zum Thema, führt damit
zurück auf den Künstler und zielt auf den Betrachter. Das Kunstwerk ist
in diesem Selbstverständnis auch als kommunikativer Akt zu begreifen:
„Aus dem Kopf und der Intuition eine Botschaft formulieren, welche der
Schauende für sich dekodiert.“ (Kommunikationsmodelle von Schulz von
Thun [Miteinander reden] und Tor Nørretranders [Spüre die Welt])
Nicht die intendierte Verfremdung und Bearbeitung der Abbildung von
Realität, sondern die erlebbare Konstruktion unserer Wirklichkeit im
Kopf aus Sinnes-„Daten“ und die folgende Materialisierung der
Ich-Struktur im Bild sind Thema. Die Störung/Täuschung/Illusion
erweist sich eben nicht als „fehlerhafte Ausnahme“ in der Aneignung der
Realität, sondern als Beleg für den immanenten Vorgang der Konstruktion.
Es entsteht der seltsam beunruhigende und paradoxe Umstand, dass dieses
Konstruieren unseres Erlebens
von Realität, der einzig erfahrbare Bereich
der Realität überhaupt ist.
Das ist absolut und nicht relativ zu verstehen. Etwas, dem ein im
mystischen Weg Erfahrener wahrscheinlich ein mildes Lächeln schenken
würde
J
(Die Annahme einer zumindest teilweise außersinnlichen Grundlage für die
Konstruktion der Wirklichkeit wird ausdrücklich nicht bemüht.)
Die Versprechung des „realistischen“ Ab-Bildes, ein valider Abdruck des
Existierenden zu sein, ist besonders verführerisch. Das „schöne“ Ab-Bild
ist insofern eine Falle für das Erkennen – damit der „Illusion“
vielleicht näher als die „BILDSTO:RUNG.“ Die Bilder in diesem Zyklus
erheben den provokanten Anspruch, ebenso „echt“ zu sein, wie das gute
Ab-Bild. (Sinnes–)Verführung und (Selbst–)Täuschung werden u. a.
deutlicher in dem Subzyklus „CURTAIN I.“ (trashiges Plastikfoliendekor,
statt der erwarteten frischen Äpfel)
Die Konstruktion der Wirklichkeit dieser Ab-Bilder entspricht nicht mehr
dem Kanon des Bekannten. Sie will von jedem Betrachter neu konsolidiert
werden – und setzt insofern
„Kopfarbeit“ in der Aneignung voraus – ein roter Faden im Werk des
Künstlers.
Einen direkt wahrnehmbaren Kontrast im vorliegenden Werk bilden die
Darstellung eines zumeist kindlichen Kontextes einerseits und das
sichtbare Werk der Zerstörung durch eine defekte EBV andererseits. Hier
treffen das A und das O zusammen. Tuffiges Rosa und satte Farben („TOY,“
„GAME“) treffen auf den technischen Jordan. Ironischerweise sind die
„zuckrigen“ Farbverschiebungen Ergebnisse des Zerstörungsprozesses
selbst. Die sterbende Elektronik frisst in dem „schönen“ Ab-Bild „AIR“
ausgerechnet die Gondel mit den Passagieren des Ballons weg – „MATRIX“
und „TERMINATOR“ senden einen unfreiwilligen Gruß. Insofern gerät eines
der puderigsten Bilder zum vielleicht makabersten des ganzen Zyklus und
stellt eine hübsche Fallgrube für unsere sinnliche Wahrnehmung dar ;)